01 July 2015
Wie würde ich abstimmen?
Meine persönliche Motivation
Nächsten Sonntag ist das Referendum über die Vorschläge der Troika
hier in Griechenland. Ich bin nicht griechischer Staatsbürger, aber ich
lebe hier. Also kann ich nicht abstimmen, aber ich kann sagen, wie ich
abstimmen würde. Ich gründe meine Meinung darauf, dass ich mich hier
auskenne, die Sprache spreche, die Menschen kenne, das wirtschaftliche
Umfeld kenne... kurz, ich weiss bedeutend mehr als die Redakteure der
europäischen Zeitungen.
Gesundheitswesen
Letzten Januar hatte ich einen Unfall und wurde operiert. In jeder
Krankenstation gab es je nur eine Krankenschwester, auch direkt in
der Nachbetreuung nach dem OP. Man kann sich vorstellen, was das im
Notfall bedeutet. Kleinere Unannehmlichkeiten wie teilweise nicht
vorhandene Bettwäsche nehme ich nicht mal in Betracht. Bei mir war die
medizinische Versorgung vorhanden, aber ich weiss, das es anderswo und
zu anderen Zeiten Situationen gab, wo Angehörige Medikamente, Gazen,
Desinfektionsmittel selber beschaffen mussten. Jetzt will die Troika
noch weitere Einsparungen im Gesundheitswesen machen, und unter anderem
weitere Spitäler schliessen. Dazu sollen noch die Selbstbehalte für
Medikamente weiter erhöht werden
Renten
Die Renten wurden in den letzten Jahren extrem gekürzt. Viele
Rentner leben mit 300 Euro im Monat - im Falle einer Vollrente. Die
Troika fordert weitere Reduktionen bei den Renten, vor allem auch
bei den niedrigen Renten. Der griechische Vorschlag, Geld bei den
Militärausgaben einzusparen und dadurch die niedrigsten Renten zu
erhöhen wurde abgelehnt. Das Minimum-Rentenalter soll auf 67 erhöht
werden. Die Mär von den vielen Frührentnern in Griechenland, die
an der Überschuldung schuld sind, ist ein Propaganda-Mythos und
statistisch nicht belegt. Bis man mit Renten 300 Milliarden zusammen
hat, bräuchte es sehr viel. Mit Panzern, U-Booten, und Grossprojekten
geht es bedeutend schneller.
Arbeitsmarkt
Wir haben mit den bisherigen "Reformen" der Troika so schöne Dinge wie
Arbeitnehmer, die einen Tag vor ihrem 24. Geburtstag entlassen werden,
weil sie dann nicht mehr mit Dumpinglöhnen bezahlt werden können
(derweil der gleiche Arbeitgeber seine Gewinne über Dreiecksgeschäfte
mit Luxemburg oder Holland aus Griechenland abzieht). Dann haben wir
Menschen, die für 240 Euro im Monat teilzeitangestellt sind, aber
gezwungen werden, voll zu arbeiten. Solche Massnahmen vergrössern nur
das Elend, sie bringen nichts, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen.
Jetzt will die Troika noch alle Gesammtarbeitsverträge abschaffen und
Massenentlassungen erlauben. Viele meiner Freunde und Bekannte sind
arbeitslos oder arbeiten für Hungerlöhne, die die Lebenshaltungskosten
nicht decken.
Bildung
Schon jetzt wurden viele Schulen geschlossen, Schulbücher gibt es nicht
mehr (der Lehrer bringt ein Schulbuch mit, das in der Klasse
herumgereicht wird, einige Eltern kaufen selber Schulbücher). Nun soll
weiter beim Schulwesen gespart werden, Klassengrössen werden von 25-27
auf 30-35 Kinder erhöht. Eltern werden alles Schulmaterial bezahlen
müssen und Geld für die Heizung der Schulhäuser sammeln müssen. Ich habe
viele Freunde und Bekannte mit Kindern.
Tourismus
Die Mehrwertsteuer für Hotels und Restaurants soll erhöht werden. Der
Tourismus ist noch die letzte verbleibende "Industrie" Griechenlands. Er
muss momentan schwer kämpfen, um trotz der ganzen antigriechischen
Propaganda zu überleben. Preiserhöhungen helfen da nicht. Lieber 6%
Mehrwertsteuer von den Gästen die kommen, als 23% Mehrwertsteuer von den
Gästen die zuhause bleiben.
Infrastruktur
In den letzten Jahren haben Regierungen wertvolle Infrastruktur
verkauft, aufgrund Forderungen der Troika. Dabei wurde zum Beispiel die
Postbank für 1 Milliarde verkauft, obwohl sie jedes Jahr 500 Millionen
Gewinn in die Staatskasse gewirtschaftet hat. Viele der Verkäufe
gingen an Spezln und "Freunde" der Regierung und der ausländischen
Regierungen. Diese Verkäufe helfen nicht, das Finanzloch zu stopfen,
sie generieren nur ein grösseres Loch und fördern noch mehr die
Korruption. Jetzt fordert die Troika noch mehr zu verscherbeln: Bahnen,
Häfen, Flughäfen, Strassen.
Schlussfolgerung
Ich könnte noch weitermachen. Es gibt noch weitere solche "Reformen",
die ich nicht im Detail aufführe.
Die "Reformen" der Troika tragen null und nichts dazu bei, den
Schuldenberg jemals abtragen zu können. Die Troika weiss auch selber
dass diese Blutreformen Griechenland immer noch mit einer untragbaren
Verschuldung belassen würden. Das ganze Angebot der Troika läuft dann
für 5 Monate, dann geht alles wieder von vorne los. All das
Elend, nutzlos. Hoffnung gibt das nicht. Und dafür sollte ich "Ja"
stimmen?
Bei einem "Nein" ist vieles offen. Wie es ausgeht weiss man nicht.
Schwierig wird es auf jeden Fall. Aber vielleicht gibt es ein kleines
wenig Hoffnung, dass der Schrecken auch mal ein Ende hat.
04 July 2015
Meine Prognose... das betabug-Wahlbarometer
Teeblätter sind alle, also muss betabug raten
Bei den letzten paar Wahlen habe ich jeweils das Ergebnis relativ
gut vorhersagen können. Einige Male hatte ich das Resultat genau
getroffen, andere Male zumindest die Richtung. Warum sollte ich also
mein WahlBarometer nicht auch dieses Mal probieren? Viel mehr als
lächerlich machen kann ich mich ja nicht.
Meine Vorhersage also für die morgige Volksabstimmung (Referendum):
Mehr als 60% NEIN-Stimmen.
Wie komme ich zu dieser Vorhersage? Einmal gibt es da die
Meinungsumfragen. In den Meinungsumfragen der Presse sind beide Seiten
Kopf-an-Kopf, die JA-Seite leicht voran. Aha. Nur, die Presse von der
wir hier reden, gehört einigen Oligarchen / Milliardären, und ist
damit unter direkter Kontrolle der "Nea Dimokratia". Die haben ein
direktes Interesse daran, dass die JA-Seite ermutigt wird. Das gleiche
Spiel hatten wir schon bei den letzten Wahlen, wo Syriza zum Teil 10%
mehr erreichte, als die Vorhersagen erwartet hatten.
Andererseits haben die Uni von Thessaloniki und anscheinend auch die Uni
von Kreta Vorhersagen gemacht, bei denen für die NEIN-Seite um die 70%
der Stimmen erwartet wurden.
All das könnte natürlich auch ein Kreti-Pleti-Zeitungskorrespondent
lesen (zumindest in Übersetzung), aber das macht noch nicht mein
Wahlbarometer aus. Mein System richtet sich danach, wer in meinem
erweiterten Bekanntenkreis aussagt, was er stimmen wird. Da gibt es
Leute, bei denen es klar ist, auf beiden Seiten. Die sind nicht so
interessant. Dann gibt es aber auch Leute, bei denen es eine Änderung
gegeben hat. Sei es von einer Seite zur anderen (ich hätte erwartet,
dass der so stimmt, er sagt aber, dass er anders stimmen wird),
oder aber Leute, von denen zu erwarten war, dass es sie halt nicht
interessiert, und die jetzt ihre Stimme abgeben werden.
Mit all diesen Informationen füttere ich einen Mainframe, lasse eine
geniale Software laufen und vergleiche das Resultat mit dem Kaffeesatz
den wir im Vorbeigehen grad im Kafeneion gefunden haben. Daher die
Vorhersage: Mehr als 60% NEIN. Wie gut meine Vorhersage war, erfahren
wir morgen nacht.
05 July 2015
Gefälschte Meinungsumfragen in Griechenland
Manipulationen in den Umfragen zum Referendum durch die Nea Dimokratia
Wie ein Strategie-Dokument zeigt, das von der Partei Nea Dimokratia an
ihre Funktionäre verteilt wurde (und das vor einigen Tagen geleakt
wurde), kann die Partei ND Meinungsumfragen manipulieren und tut dies
gezielt um beim Referendum ein besseres Resultat zu erzielen.
Meine quelle ist hier bei Kouti tis pandoras.
Schauen wir doch einmal den rot unterstrichenen Text im Ausschnitt an
(Übersetzung von mir):
Daher, im Masse wie das möglich ist, sollte die Meinungsumfrage
/ soziale Dynamik der Umfrage-Institute für das JA einen Anstieg
abbilden, es soll also so aussehen, dass es eine Dynamik - eine
Strömung zum JA gibt, die stabil ist. Aber nicht mit gleichen
Zahlen, weil die Leute weiterhin misstrauisch gegenüber solchen
Umfragen sind. Sie glauben, dass diese Teil des Systems sind.
Auf der anderen Seite, am Freitag 3.7., was auch der letzte Tag ist,
an dem laut Gesetz Umfragen veröffentlicht werden dürfen, muss
eine allumfassende Prädominanz des JA abgebildet werden, die keine
Zweifel offenlässt, ohne aber Selbstzufriedenheit aufkommen zu
lassen. Ein Vorsprung der sich um 5 bis 10 Prozent bewegt, je nach
Umfrage-Institut. Wir merken an, dass bei entsprechenden Referenden
im Ausland das JA üblicherweise unterrepräsentiert ist.
Es gibt also einen genauen Plan, was bitteschön die Meinungsumfragen von
Tag zu Tag bis zum Finale zu zeigen haben. Eingeschränkt wird das ganze
nur durch das "in dem Masse wie das möglich ist" am Anfang. Wenn man
aber die Detail-Anweisungen liest, scheint da eine Menge möglich zu
sein.
Wer gibt also auf diese Meinungsumfragen noch irgend etwas? Ich nicht,
und ich empfehle als Alternative meine eigene Voraussage von gestern.
09 July 2015
La drôle de guerre economique - the Phoney Economical War
Some quiet days in Greece under capital controls
We are living in strange times. The news about this country boils up
all around this world. A total breakdown is imminent every one or two
days. Or some kind of solution. Most of the time it's just another
postponement, for another day or two. So, how is life right now in
Greece? I think it resembles the phoney war.
Yesterday I went to town to buy some stuff and see some friends. I
passed by a furniture shop. There weren't any other customers, but then
this is a small shop, so that's quite normal. The owner wasn't falling
all over himself to have a customer or sell something, he didn't offer
me any special prices or the like. On the other hand, he basically said:
"Whatever I have is in the shop right now, to order something will mean
we have to pay up front, and there will be a long delay."
In some other shop it was the same story: "We can order it, but it's a
bit complicated."
I then went on to visit my friend in his bike shop. He was out paying
some bills, and I knew this would take some time. He would either be at
the post office or do the payment at an ATM, because, you know, banks
are closed due to capital controls. Both options would involve some
waiting time.
So I went on to have a milkshake at my favorite cafe and pastry shop
"Aktaion". Normally in July, this would be quite busy, but it was just
the waiter sitting there. I chatted a bit with him, and of course he
wasn't delighted by the situation. To put it a bit ironic, he is the
worst example of the "lazy Greek": When the tourist season is on, he
works 7 days a week. From morning till mid-afternoon - I would guess
probably 10 hours. As a waiter, he is very attentive and speedy. He
doesn't have much work in winter, but on a tourist island, that is to be
expected, you have to earn in summer to survive the winter.
Why is the cafe so quiet? In fact, the tourists are here. There are
a few cancellations, but not many. And soon after I had gotten my
delicious sugar bomb, they arrived to occupy some tables. But the ones
missing are the Greek customers. When the capital constrols restrict you
to 60 Euros per day, going out for coffee is an easy candidate to cut
something. In the super market you can pay with your bank card, while
in the cafe you want the cash. It takes no genius to see that this is a
brake to the economy.
Even more a brake is the general feeling of "wait what will happen".
Even when people have the money to do some investment, a lot of them
will wait right now, to see around the next corner. "What will happen
till Thurday, when they say xy should happen?" "Let's wait till Monday,
to see what goes down on the weekend." It's always another few days off.
People remain calm. There is no panic.
We are in an economic war. But right now it resembles the "phoney war",
before the Germans moved into France. As the French put it "la drôle
de guerre". A lot of diplomatic discussions are held, a lot of back
and forth. Some shots are exchanged, some fortresses are probed. A
Maginot line of democracy is set up, but nobody knows if it will hold.
A few people are dying, already, unfortunate to be poor and sick, or
unfortunate to be refugees. The capital controls are the declaration of
war, the blocking of ports and throwing up of siege lines by the ECB.
But will the full war break out? Are we to be slaughtered soon?
There are positive stories too: My friend in the bike shop had ordered
some stuff from his supplier. At first they told him: "Don't take it
personal, but we now need the money up front." But when he called them
two days later to extend the order with some more stuff, they said:
"Your box is already on the way." In two days they had reversed their
policy, for their dealers who they never had payment problems with them,
and who never extended their line of credit, they will now continue as
normal.
What I ask myself mostly is, how can we get from this phoney war
straight to the London conference of 1953. Preferably without killing
anybody and without putting this continent on fire in between.
13 July 2015
Some Links to Facts on the Greek Debt Crisis
Always useful information
Here are some standard links that I keep coming back to refer people
for facts about the Greek debt crisis.
Let's start with this Reuters article that shows how much the German state
(and the Finish state, etc.) actually earns and saves from the crisis:
Analysis: What taxpayer bailouts? Euro crisis saves Germany money
Then we have some arguments like "but one has to pay back ones debt!" and
"if I owe money to my bank I can't either...". Basically it poses the
example of Germany's handling of debt:
How Europe cancelled Germany’s debt in 1953
And of course it is based on the London Agreement on German External Debts
as described here at Wikipedia. It's very interesting that in any discussion
I had with Germans, as soon as I point this out, they will do anything they
can to change the topic.
But then of course, Greeks are just corrupt and lazy. Right? Right?
Come on, admit it, no?
Well, the numbers (from reliable source) don't agree:
Corrupt, lazy Greeks? Debunking Ethnic Stereotyping substituting Economics
I should add some links about the corruption on the German side, about the
so called CDU donations scandal (nice mis-nomer, it was simply a
bribery scandal), about the bribes given by Siemens, HDW, Thyssen, etc. etc.,
in Greece and how much money that has cost the Greek people,
but I haven't yet found a good comprehensive link.
Suffice to say, the main reason why there is never any corruption or bribery
proven in German courts is that the German law states that you have to
prove that the politician being bribed actually changed policy because of
that. As long as he says "I would have ruled like that anyway", no bribery.
That was basically the Helmut Kohl defence. But I have to re-find the
link for the analysis on that law again.
20 July 2015
Power Failure Fooling Me
I didn't get the memo
This morning, just as I was hooking up the laptop to the big monitor,
the power went out. Since the big monitor had displayed a problem with
a power cord some days ago (or was it the cord that had the problem?),
my first thought was "oh no, the monitor finally broke!" So I tried another
cord. I tried another outlet. I moved it around, trying to set the power
cord better, where it plugs into the monitor. No luck.
So I unplugged everything from the monitor, and moved it aside. Went
to work on the laptop. Turns out, "the Internet" isn't working either.
After a few tries and not connecting to the wifi, I finally look at the
router: no blinkenlights. Here I must admit, my first thought was: "Oh
noes! There was some power spike during the night, and both the monitor
and router are fried!" In my defense, all I can say is that it was quite
early in the morning.
In fact the power outage was no accident. According to our neighbors,
there was an announcement for it. Well, I didn't get the memo, in
more than one sense.
23 July 2015
Back in the Mountains
It's been 6 Months
It's been 6 Months and 1 day yesterday, and for the first time I was
back with the bike in the mountains. I've been doing a slightly shorter
variant of my usual loop of Halki - Apeirantho - Stavros Keramotis -
Moni.
I've been doing shorter rides since one month ago, even some with some
uphill parts and I had a lot of headwind. But going up to Apeiranthos
yesterday was a hard task. I had to take it easy and measure out what
strength I had. Which wasn't much. The result of my downtime is that
most of my power and endurance is gone. To be built up again.
On the way down, I was starting to get afraid. So I started to hug the
brakes. Not the best thing to do, but I was not going to bomb down the
mountain road that particular day. Better take it easy. That way I could
see more of the landscape and the wonderful evening anyway.
While going up, I wondered if I enjoyed myself. If I would enjoy cycling
again the way I had before the accident. I concluded that, yes, I
enjoyed myself. The views, the smell, even the exercise and feeling of
exhaustion in my body, I enjoyed all that. It took some time to pass
away some negative thoughts, but it was still possible. The enjoyment
of being strong in the mountains, of going up at a decent speed with
ease... that is obviously not there yet, but there is enough already to
enjoy. Now the plan is to continue slowly to build back my form. There
is no need and no use to hurry in this. And in the end the strength and
ease might come back again.