Seit einigen Tagen sehe ich online mehr und mehr Berichte über die
Studentenproteste in Serbien. Beeindruckende Bilder von Menschenmengen,
die ganze Autobahnüberführungen besetzt halten. Eine junge Generation,
die kämpft mit der Allgegenwart von Korruption und institutionalisierter
Kriminalität. Mehr und mehr Unterstützung auch aus anderen Teilen der
Bevölkerung.
Obwohl ich kein optimistischer Mensch bin (vielleicht inzwischen, man
wird ja älter und da verändern sich solche Sachen), und obwohl es
wohl auch für Optimisten schwer sein wird, sich ein positives Resultat
vorzustellen, ... das ganze gibt mir etwas Hoffnung. Ich benutze das
Wort nicht wirklich gerne, zu nahe ist mir da die Assoziation mit
"enttäuschter Hoffnung". Doch wenn selbst in einem Land wie Serbien (wo
diese Strukturen der Klientelwirtschaft ihre vergifteten Wurzeln so tief
eingegraben haben) so viele Junge Menschen bereit sind, so viel zu tun
und so viel zu riskieren, ich glaube, da darf ich mir schon einen
kleinen Tropfen Hoffnung erlauben.
Die Student:innen organisieren sich mit direkter Demokratie, ohne
Anführer und feste Strukturen. Das macht es für die staatlichen
"Sicherheitsorgane" schwer, sie zu unterdrücken. Und ... es erinnert
mich an die Proteste 2011 in Griechenland. Sie lassen sich nicht von
politischen Parteien vereinnahmen, egal wie "oppositionell", genau wie
wir. Auch damals erfüllte mich die Stimmung im Land mit Hoffnung. Viel
ist dabei natürlich nicht rausgekommen, ausser einer kleinen politischen
Verschiebung und von Zeit zu Zeit einem leichten Anflug von PTSD bei
mir.
Trotzdem: Mögen es die Studenten in Serbien besser machen! Sie machen
jetzt schon viele Dinge besser als wir "damals". Sie beissen sich nicht
auf einen Ort und eine Strategie fest. Ihre Forderungen sind nicht nur
generell (Transparenz, Gerechtigkeit, Kampf gegen die Korruption),
sondern es heisst auch, dass sie eine Reihe von konkreten, definierten
Massnahmen fordern. Gleichzeitig sagen die Student:innen selber, dass
sie keinen festen Plan haben. Es ist also noch viel offen.